Hinweis: Dieser Stream ist bis zum 12.3.2022 verfügbar.
Die USA im 20. Jahrhundert – eine Nation im Aufbruch und Umbruch, auf der Suche nach kultureller Identität. Diese Phase der Selbstfindung ließ eine reiche und faszinierende Musikkultur entstehen. Unter der Ägide von Alan Gilbert widmen sich die NDR-Ensembles den vielseitigen Klängen dieser Zeit nun in dem Festival »Age of Anxiety«. Zum Auftakt präsentieren das NDR Elbphilharmonie Orchester und sein Chefdirigent Werke von Aaron Copland und Samuel Barber. Auf dem Programm stehen neben Barbers spannendem »Essay for Orchestra« Coplands Dritte Sinfonie und sein brisantes »Lincoln Portrait«. Als Stargast kehrt der Geiger Leonidas Kavakos mit Korngolds melodieseligem Violinkonzert an die Elbe zurück.
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Über das Festival »Age of Anxiety«
Das vergangene Jahrhundert in Amerika: Chancen und Hoffnungen stehen Ängsten und Krisen gegenüber. Stark wirkt der große Auswanderer-Mythos vom »Land der unbegrenzten Möglichkeiten« nach, von der Chancengleichheit und Freiheit in einer demokratischen, wirtschaftlich prosperierenden und modernen Gesellschaft.
Doch der »American Dream« wird unversehens zum Alptraum. Nach der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs bestimmt die Konkurrenz mit dem großen Feind im Osten das Leben in den Staaten: Atomares Wettrüsten, Stellvertreterkriege, Verdächtigungen und Misstrauen in der »McCarthy-Ära«; die Bürgerrechtsbewegung auf der einen Seite, Mordanschläge gegen den Reformator John F. Kennedy und den Antirassismus-Pionier Martin Luther King auf der anderen. Im Jahr 1947 hat der weitsichtige britisch-amerikanische Autor W. H. Auden dieses gestresste Zeitalter in seiner preisgekrönten gleichnamigen Dichtung als »Age of Anxiety« bezeichnet: eine Epoche der Sorge und Unruhe, aber auch des Aufbruchs, der Suche nach Identitäten und Idealen – all das bedeutet »Anxiety«!
Festkonzert mit amerikanischer Musik
Auch den fünften Geburtstag der Elbphilharmonie feierten das Orchester und Alan Gilbert am 11. Januar 2022 mit grandioser amerikanischer Musik: Mit John Adams fetzigem »Short Ride in a Fast Machine« ging es schwungvoll in die Festwoche.
Besetzung
NDR Elbphilharmonie Orchester
Leonidas Kavakos Violine
Dirigent Alan Gilbert
Morris Robinson Sprecher
Programm
Aaron Copland
Lincoln Portrait für Sprechstimme und Orchester
Samuel Barber
Essay for Orchestra op. 12
Erich Wolfgang Korngold
Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 35
- Pause -
Aaron Copland
Sinfonie Nr. 3
Livestream am 19.2.2022: »Age of Anxiety«
Noch zwei weitere Konzerte des Festivals »Age of Anxiety« werden live übertragen: Am 13. Februar widmet sich die NDR Bigband den Größen des American Cool Jazz, Miles Davis und Chet Baker. Und am 19. Februar spielt das NDR Elbphilharmonie Orchester Werke von Samuel Barber, John Adams und Leonard Bernstein.
Zur Musik
Impulse aus der Ferne
Die Musikkultur Amerikas wurde von Anfang an durch die fruchtbaren Impulse geprägt, die die vielen Einwanderer ins Land brachten. Immerhin schuf ein Europäer namens Antonín Dvořák überhaupt erst die Voraussetzungen für die Entstehung einer klassischen »Nationalmusik«.
Ein weiterer Komponist, der den transatlantischen Austausch fortsetzte: Erich Wolfgang Korngold. Er schrieb in und für Amerika einige seiner größten Werke. 1947 feierte das Violinkonzert des Exil-Österreichers Premiere. Der geniale Komponist, der seine Wurzeln in der üppigen Spätromantik der Richard-Strauss-Ära hatte, verwendete darin einige Themen seiner Filmmusiken wieder, mit denen er den »Hollywood-Sound« bis heute prägt.
Ein Lincoln-Porträt von Aaron Copland
Ein anderer Amerikaner holte einen der größten Staatsmänner seiner Nation auf die Konzertbühne – zumindest in Gedanken: In seinem »Lincoln Portrait« ließ Aaron Copland im Jahr 1942 Reden und Briefe des legendären US-Präsidenten Abraham Lincoln rezitieren. Das barg viel politischen Zündstoff – genug, um das Werk während der McCarthy-Ära wegen angeblich allzu linker Züge zu verbieten, und genug, um bei einer Aufführung in Venezuela gar eine Revolution gegen das diktatorische Regime anzuzetteln.
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»Lincoln Portrait«: Text
Fellow citizens, we cannot escape history. We of this Congress and this administration will be remembered in spite of ourselves. No personal significance or insignificance can spare one or another of us. The fiery trial through which we pass will light us down in honor or dishonor to the latest generation. We, even we here, hold the power and bear the responsibility
The dogmas of the quiet past are inadequate to the stormy present. The occasion is piled high with difficulty and we must rise with the occasion. As our case is new, so we must think anew and act anew. We must disenthrall ourselves and then we shall save our country.
It is the eternal struggle between two principles, right and wrong, throughout the world. It is the same spirit that says "You toil and work and earn bread, and I'll eat it." No matter in what shape it comes, whether from the mouth of a king who seeks to bestride the people of his own nation, and live by the fruit of their labor, or from one race of men as an apology for enslaving another race, it is the same tyrannical principle.
As I would not be a slave, so I would not be a master. This expresses my idea of democracy. Whatever differs from this, to the extent of the difference, is no democracy.
That from these honored dead we take increased devotion to that cause for which they gave the last full measure of devotion. That we here highly resolve that these dead shall not have died in vain. That this nation under God shall have a new birth of freedom and that government of the people, by the people, and for the people shall not perish from the earth.
Song of America: A Celebration of Black Music

Der gefeierte Bariton Thomas Hampson veranstaltete 2021 ein Festival in der Elbphilharmonie, das die Musik, Poesie und Geschichten afroamerikanischer Künstler feiert. Die Konzerte sind noch bis Juni 2022 als Streams verfügbar.
Samuel Barber: Mehr als das »Adagio for Strings«
Das Konzert wird flankiert mit Musik des Wunderkinds Samuel Barber: Es war kein Geringerer als der italienische Maestro Arturo Toscanini, der sich seinerzeit für Barber einsetzte. Unter Toscaninis Leitung erklang so im Jahr 1938 auch erstmals dessen »Essay for Orchestra« – zusammen mit dem ungleich berühmter gewordenen »Adagio for Strings«, das so viele lohnende Werke Samuel Barbers in den Schatten gestellt hat.
Coplands »amerikanisches Monument«
Und Copland komponierte auch ein absolutes Schlüsselwerk der US-Orchestermusik: Mit seiner Dritten Sinfonie schuf er – um die Worte Leonard Bernsteins zu benutzen – ein »amerikanisches Monument, ähnlich dem Washington Monument oder dem Lincoln Memorial«. Das brillante Werk aus dem Jahr 1946 wird von einem pompösen Finale gekrönt, in dem Copland seine populäre »Fanfare for the Common Man« zitierte.