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SEID UMSCHLUNGEN MILLIONEN

Sie bringen Kunst und Wirtschaft zusammen: die Mitarbeiter des Elbphilharmonie Development.

Über Musik könne man am besten mit Bankdirektoren reden, hat der finnische Komponist Jean Sibelius einmal gesagt. »Künstler reden ja nur übers Geld.« Das war zwar nicht nett gegenüber seinen Musikerkollegen, würdigte aber endlich einmal jene Gruppe, ohne die viele Konzerte überhaupt nicht stattfinden könnten: die Unterstützer, Mäzene und Sponsoren, die neben der öffentlichen Hand und den Kartenerlösen die dritte große Säule der Finanzierung eines Programms sind. Sie alle eint ihre besondere Affinität zur Musik – und dass ihre Fäden in einem Büro der Elbphilharmonie zusammenlaufen: dem Development.

Die Logo-Polizei

Wenn nun Sibelius’ Bankdirektor über Musik reden oder, noch besser, in sie investieren möchte, ruft er am besten bei Nele Buß und Konstanze Krone an. Die beiden arbeiten täglich daran, »die recht unterschiedlichen Parteien Kunst und Wirtschaft zusammenzubringen«, wie Krone es formuliert. Die Wege sind vielfältig. Denn während Spenden zum wohltätigen Zweck getätigt und in der Stiftung Elbphilharmonie gebündelt werden, »basiert Sponsoring immer auf Gegenleistung«, erklärt Buß. »Die Sponsoren zahlen eine vertraglich vereinbarte Summe und nutzen dafür den Imagetransfer und die Kommunikationsleistungen, die wir ihnen anbieten – und natürlich die vielen Vorteile, die andere nicht bekommen. Sie können zum Beispiel größere Ticketpakete über den Concierge Service buchen oder exklusive Räume wie die Kühne Sky Lounge für Empfänge mieten.« Und sie erhalten Präsenz mit ihren Logos (wie auch in diesem Magazin), auf die Buß und Krone penibel achten, weshalb sie intern auch liebevoll die »Logopolizei« genannt werden.

Nele Buß und Konstanze Krone
Nele Buß und Konstanze Krone © Gesche Jäger

Wie stark die Elbphilharmonie von privaten Geldgebern geprägt ist, wird bei einer Tour durch das Haus schnell deutlich. Schon beim Treppenaufgang zum Großen Saal finden sich kleine Schilder mit Spendernamen; im Foyer angekommen, steht man vor einer Wand, auf der die Hauptsponsoren und Großspender wie die Hamburger Unternehmer Michael Otto, Klaus-Michael Kühne und Peter Möhrle aufgeführt werden; im Saal sitzt man dann mitunter auf einem Sessel, der im Rahmen der Stuhlpatenschaften »erworben« wurde; und den Pausensekt trinkt man anschließend im »Helmut und Hannelore Greve Foyer«, benannt nach den beiden frühen Spendern der Elbphilharmonie.
 

»Helmut und Hannelore Greve Foyer«
»Helmut und Hannelore Greve Foyer« © Robin Schmiedebach

Erst durch das Sponsoring kann die Elbphilharmonie den Anspruch vom »Haus für alle« auch wirklich erfüllen.

Ein Blick auf die Zahlen zeigt, dass dieses Gesamtpaket viele Sponsoren überzeugt: »Zu den sechs Millionen Euro, die die Stadt Hamburg als Etat bereitstellt, kommt von uns jährlich noch einmal mindestens die gleiche Summe an privaten Geldern hinzu«, erklärt Krone. Geld, das direkt Projekten der HamburgMusik, also dem hauseigenen Konzertveranstalter, zugutekommt. »Das Ziel ist immer, dass beide Seiten maximal profitieren. Die Elbphilharmonie kann dadurch sehr viel mehr Projekte realisieren und so den Anspruch vom ›Haus für alle‹ auch wirklich erfüllen. Es geht dabei nie um Geld um des Geldes willen.« Dem kann auch Buß nur beipflichten: »Am Ende geht es immer um die Musik.«

Sie möchte begeistern

Während Buß und Krone die beiden jüngsten Abteilungszugänge sind, kann man Nataly Bombeck getrost als echtes Elbphilharmonie-Urgestein bezeichnen. Am Tag des Richtfests kam die gelernte Journalistin und PR-Frau 2010 in das gerade neu formierte Team, wo sie zunächst für Öffentlichkeits- und Pressearbeit verantwortlich war. Seit 2016 widmet sie sich ausschließlich dem Development. »Ein großer Bonus ist, dass ich durch meine frühere Tätigkeit viele Menschen in der Stadt kenne«, so die gebürtige Hamburgerin. »Ich weiß, wer an welchen Stellen sitzt, wen man wofür anrufen muss und wer Interesse haben könnte, das Haus zu unterstützen.«

»Zum bloßen Vergnügen ins Konzert gehen? Ich gucke schon immer, wer so da ist, auch in den Pausen. Und wenn die Reihe eines Förderers leer bleibt, rufe ich hinterher an und frage, was los war. Privat im Konzert bin ich meist erst nach dem zweiten oder dritten Satz, dann kann ich auch mal abschalten.«

Nataly Bombeck
Nataly Bombeck © Gesche Jäger

Um Kontaktpflege geht es auch beim Förderkreis für das Internationale Musikfest Hamburg und beim Elbphilharmonie Circle, die Bombeck federführend betreut. Letzterem gehören 100 mittelständische Unternehmen unterschiedlichster Branchen aus dem Großraum Hamburg an. Bombeck hat sie mit ausgesucht, kennt alle persönlich, und man kann sich gut vorstellen, dass sie mit ihrer offenen Art keine Probleme hatte, um Mitglieder zu werben.

»Ganz wichtig ist in meinem Job die große Begeisterung für Menschen und für das Projekt. Einer der Hauptgründe, warum ich hier so gerne arbeite, ist, andere Leute für die Elbphilharmonie und ihr Konzertprogramm zu gewinnen«

Das hat sie selbst in weniger schönen Zeiten wie der langwierigen Bauphase geschafft. Und das schafft sie auch ganz aktuell während des Corona-Lockdowns. So hat sie kurzerhand eine CD der Saison-Höhepunkte initiiert, die sie als kleinen Ersatz für die vielen ausgefallenen Konzerte an alle Förderer und Unterstützer verschickt. »Das Wichtigste aber ist natürlich das persönliche Gespräch.« So nutzt Bombeck die Zeit für das, was sie wirklich gerne macht: Kontakte pflegen. Den einen Sponsor ruft sie an, zu anderen fährt sie mit Mundschutz ausgestattet nach Hause, wieder anderen schickt sie Bilder aus der leeren Elbphilharmonie – »damit die mitbekommen: Wir leben noch!«

Verbündete für die Musik

Weniger um Glamour, dafür viel um musikalische Inhalte geht es bei der Arbeit von Dorothee Kalbhenn. Sie kam 2011 zur Elbphilharmonie und arbeitete bereits lange vor der Eröffnung mit Generalintendant Christoph Lieben-Seutter an der Förderstruktur. Inzwischen besteht ihre Hauptaufgabe darin, den Kontakt zu Förderstiftungen herzustellen – oder in der »Suche nach Verbündeten«, wie sie selbst sagt

»Ich setze mich dafür ein, dass die Elbphilharmonie ihren gesellschaftlichen Auftrag erfüllen kann. Deshalb suche ich Partner, die diese Ideale teilen.«

Kalbhenn sucht entweder aktiv nach Stiftungen, die zu bereits geplanten, aber noch nicht finanzierten Projekten passen könnten. Oder sie entwickelt gemeinsam mit ihnen neue Formate, um gemeinsame Ziele zu verwirklichen. »Dabei geht es um Gemeinnützigkeit und Idealismus, um Non-Profit.« Besonders am Herzen liegt ihr, dass Kultur auf diese Weise für alle zugänglich wird, denn wenn eine externe Stiftung ein Konzert mitfinanziert, müssen die realen Kosten nicht komplett vom Publikum getragen werden.

Dorothee Kalbhenn
Dorothee Kalbhenn © Gesche Jäger

Das jüngste Beispiel ist ein neuer Kompositionspreis, den die Elbphilharmonie zusammen mit der Hamburger Claussen-Simon-Stiftung entwickelt hat. Er ist das Ergebnis langjähriger Beziehungsarbeit mit vielen persönlichen Gesprächen, in denen sich das gemeinsame Interesse der beiden Institutionen an aktueller Musik und jungen Künstlern herauskristallisierte. Als dann Alan Gilbert neuer Chefdirigent des NDR Elbphilharmonie Orchesters wurde und ein neues Festival für Neue Musik initiierte, »fügte sich schließlich alles zusammen«, wie Kalbhenn begeistert erzählt. Zusammen mit dem Preisgeld erhält die erste Gewinnerin – die schwedische Komponistin Lisa Streich – nun den Auftrag für ein neues Werk, das im Februar zum Abschluss des neuen Festivals »Elbphilharmonie Visions« im Großen Saal erklingt. Die Suche nach Verbündeten war wieder einmal erfolgreich.

Ziemlich beste Freunde

Wenn bisher von Spenden, Sponsoring und Stiftungsgeldern die Rede war, stecken dahinter oft hohe fünf- oder sogar sechsstellige Summen. Doch man kann sich auch schon mit viel kleineren Beträgen einbringen, zum Beispiel mit 80 Euro im Jahr – als Mitglied im »Freundeskreis Elbphilharmonie + Laeiszhalle e.V.«, einem eigenständigen Verein, in dem sich Privatpersonen engagieren können. Gegründet wurde er bereits vor mehr als 20 Jahren in dem Bestreben, stadteigene Konzerte in der Laeiszhalle zu ermöglichen. Seit 2009 trägt er auch die Elbphilharmonie im Namen; 2010 kam Sarah Scarr als Geschäftsführerin hinzu. »Damals war das aber noch kein Verein, wie man sich das eigentlich vorstellt«, erzählt sie. »Mittlerweile spielen das Vereinsleben und der Versammlungsgedanke eine viel größere Rolle.« Und so gibt es inzwischen zahlreiche Veranstaltungen im Jahr, an denen die »Freunde«, wie Scarr sie durchweg nennt, teilnehmen können – von der Backstage-Führung durch die Konzerthäuser über Tagesausflüge bis hin zur mehrtägigen Reise in andere Kulturstädte Europas.

Sarah Scarr
Sarah Scarr © Gesche Jäger

Insgesamt 1.800 Freundeskreismitglieder und Kuratoren, die einen deutlich höheren Betrag zahlen, gibt es inzwischen. »Das sind alles Leute, die Musik lieben, die die beiden Häuser spannend finden und oft auch eine enge Verbindung zur Laeiszhalle haben – und die einfach ein bisschen näher dabei sein wollen als andere«, berichtet Scarr. Die Mitgliedsbeiträge fließen direkt in das Konzertprogramm – in der aktuellen Saison etwa in die Reihe »Das Alte Werk« und die Residenz der Geigerin Patricia Kopatchinskaja sowie »gerne auch in Nischenprogramme, die sonst nur schwer eine Förderung finden«. An ihrer Tätigkeit beim Freundeskreis gefällt Scarr daher auch besonders, »dass man für etwas arbeitet, das man selbst wichtig findet, und so das kulturelle Leben in der Stadt ein Stück weit mitgestalten kann.

Dies ist ein Artikel aus dem Elbphilharmonie Magazin (Ausgabe 03/2020), das drei Mal pro Jahr erscheint.

Text: Simon Chlosta, Stand: 08.12.2020

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