Nach über zwei Monaten Corona-Pause spielte das Orchester im Mai 2020 erstmals wieder ein Konzert im Großen Saal der Elbphilharmonie – wenn auch noch ohne Publikum und mit Sicherheitsabstand. Unter der Leitung von Antonello Manacorda und zusammen mit dem weltberühmten Geiger Frank Peter Zimmermann erklangen Werke, die sich auch in reduzierter Ensemblegröße gut realisieren lassen.
Die Reihe »Elphi at Home« entstand im Frühling 2020. Als die Säle fürs Publikum geschlossen wurden, lud die Elbphilharmonie Künstler ein, Live-Konzerte per Stream aus der Elbphilharmonie zu senden.
Besetzung
NDR Elbphilharmonie Orchester
Frank Peter Zimmermann Violine
Stefan Wagner Violine
Dirigent Antonello Manacorda
Programm
Johann Sebastian Bach (1685–1750)
Contrapunctus 1 / aus: Die Kunst der Fuge BWV 1080
Arvo Pärt (*1935)
Darf ich ...
Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791)
Violinkonzert G-Dur KV 216
Franz Schubert (1797–1828)
Sinfonie Nr. 5 B-Dur D 485

Die Künstler
Dirigent des Abends war der Italiener Antonello Manacorda, der als Chef der Kammerakademie Potsdam für seine interpretatorische Detailfreude und stilistische Flexibilität bekannt ist.
Als Solist kehrte der Ausnahmegeiger Frank Peter Zimmermann zurück – ein guter Freund des NDR Elbphilharmonie Orchesters, der hier zuletzt Ende Februar gastierte und so mit den Musikerinnen und Musikern unter Chefdirigent Alan Gilbert auch das letzte Konzert vor der Corona-Pause gestaltete – was damals natürlich noch niemand ahnen konnte.

Die Musik
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Johann Sebastian Bach: Die Kunst der Fuge
Von Entbehrungen, ungewissen Entwicklungen und Hoffnungen erzählt auch die Musik, die auf dem Programm steht. Eine Fuge zum Beispiel, wie Johann Sebastian Bach sie in seiner Sammlung »Die Kunst der Fuge« archetypisch komponierte, verläuft unter ganz ähnlichen Bedingungen wie das Leben in der Corona-Zeit: Jeder ist auf sich allein gestellt und völlig unabhängig. Alle tun zwar dasselbe, aber zeitversetzt – sie dürfen sich auf keinen Fall dabei treffen. Ok, außer beim Schlussakkord. Das Prinzip lautet, einander nach festen Regeln auszuweichen: Das Wort »fuga« bedeutet auf Latein »Flucht«.
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Arvo Pärt: »Darf ich«
Die Unsicherheit, was nun im alltäglichen Leben erlaubt ist und was nicht, läuft vor allem auf eine Frage hinaus: »Darf ich?« Diese Frage hat der estnische Komponist Arvo Pärt im Jahr 1995 in seinem gleichnamigen Stück für Solo-Violine, Streicher und Glocke musikalisch verpackt. Natürlich völlig ohne Bezug zu Corona – eher allgemein formuliert, mit Blick auf Menschlichkeit und soziale Interaktion.
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Wolfgang Amadeus Mozarts Violinkonzert
Diese zart formulierte Frage, die Arvo Pärt in behutsam sich vorantastende Klänge kleidet, beantworten die Musiker auf der Bühne der Elbphilharmonie im nächsten Stück mit einem klaren »Ja!« – in Wolfgang Amadeus Mozarts Violinkonzert. Der Komponist schrieb es mit nur 19 Jahren (!) für sich selbst. Er war damals als Konzertmeister des Salzburger Hoforchesters angestellt. Das Stück kam damals gut an – »es ging wie Öl« schrieb Mozart an seinen Vater – und ist heute eines der beliebtesten Violinkonzerte überhaupt.
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Franz Schubert: Sinfonie Nr. 5
Auch die Fünfte Sinfonie von Franz Schubert, die das Konzert beschließt, darf als Werk wahrer Erleichterung verstanden werden. Mit Spielfreude und harmonischem Miteinander erfüllt sie all das, was wir in Corona-Zeiten vermissen und hoffentlich schon bald wieder erleben können.