Die Reihe »Elphi at Home« entstand im Frühling 2020. Als die Säle fürs Publikum geschlossen wurden, lud die Elbphilharmonie Künstler ein, Live-Konzerte per Stream aus der Elbphilharmonie zu senden.
Die Künstler
Lisa-Rebecca Wulff wurde 1990 in Hamburg geboren und studierte Kontrabass und E-Bass in Bremen und Hamburg. Neben ihren eigenen Bands und Projekten ist sie regelmäßig bei der NDR Bigband zu hören und tourt mit Künstlern wie Nils Landgren, Christof Lauer, Rolf Kühn, Caecilie Norby und Wolfgang Haffner. 2019 gewann sie den vom Jazzbüro Hamburg verliehenen Hamburger Jazzpreis. Mit ihm werden Künstler auszeichnet, die einen besonders qualifizierten künstlerischen Beitrag zur Jazzmusik in Hamburg geleistet haben.
Seit 2013 spielt Lisa Wulff zusammen mit dem Schlagzeuger Silvan Strauß, der als Sideman (u.a. Monica Roscher, Maria Joao) und Bandleader (urban academy, Pecco Billo) längst kein Unbekannter mehr ist und dem Saxofonisten Adrian Hanack (u.A. Meute, we don’t suck we blow), der von avantgardistischen Soli, bis hin zu fantasievoll luftigen Balladeninterpretationen immer für Überraschungen sorgt. Als Lisa Wulff Quartett veröffentlichten sie zusammen im April 2020 das Album »Beneath The Surface«.
Besetzung
Adrian Hanack Saxofon
Lisa Wulff Bass
Silvan Strauß Drums
Setlist
1. Walking Distance
2. Nightmares and Daydreams
3. Beneath the surface
4. When I took a walk
5. From a donkey’s point of view
6. Wondrous Strange
Interview :mit Lisa Wulff
Wie ist es, so ganz allein hier aufzutreten?
Lisa Wulff: Es fühlt sich erstmal wie ein Soundcheck an, da ist es ja auch immer leer, wenn man aufbaut und die Akustik ausprobiert. Aber normalerweise geht man dann ja nochmal runter von der Bühne – und wenn man wiederkommt, sind Leute da. Diesmal bleibt es bei dieser Soundcheck-Atmosphäre, das ist schon sehr speziell. Aber das kleine Team, mit dem wir aufnehmen, ist super nett. Es klappt besser als ich dachte, in Konzertstimmung zu kommen.
Aber ein Moment ist doch ganz anders: nach dem ersten Stück, wenn plötzlich kein Applaus kommt. Wie kann man da mit der gleichen Energie weitermachen?
Ja, das ist merkwürdig. Man ist natürlich daran gewöhnt, mit dem Publikum zu interagieren. Besonders bei improvisierter Musik, wie wir sie spielen. Die lebt viel vom Moment, von der Stimmung im Saal. Diesmal müssen wir alles aus uns selbst herausholen. Aber wir kennen uns sehr gut, es ist viel Vertrauen zwischen uns. Das macht es einfacher, die Energie zu halten und sich zu sagen: Wir ziehen das jetzt durch, wir machen uns hier gemeinsam einen schönen Konzertabend.
Welche Stücke habt ihr mitgebracht?
Wir spielen Eigenkompositionen, die ich für die Band geschrieben habe. Sie kommen fast alle von unserem neuen Album »Beneath The Surface«, das wir Ende letzten Jahres in Berlin aufgenommen haben – und das jetzt gerade veröffentlicht wurde.
Wie bist du beim Komponieren vorgegangen?
Das Komponieren ist bei jedem Stück unterschiedlich: Der Groove entsteht meist am Bass, eher lyrische Stücke oder Balladen am Klavier. Oft fange ich Sachen an und lege sie dann wieder zur Seite und vieles ist sehr kurzfristig fertig geworden, teils erst am Abend vor der Aufnahme. Das Schöne beim Jazz ist: Man muss gar nicht alles auskomponieren. Ich weiß, dass ich meinen Bandkollegen Raum lassen kann – und dass sie ihn immer noch schöner ausfüllen, als ich es mir im Vorhinein vorstelle.

Ihr drei repräsentiert die junge, dynamische Jazzszene Hamburgs. Was schätzt du an deinen Bandkollegen?
Wir haben uns an der Hochschule hier in Hamburg kennengelernt und es hat einfach von Anfang an super funktioniert. Die beiden sind tolle Musiker, total breit gefächert in ihrem persönlichen Interesse und Können. Wir mögen alle keine Schubladen, machen ganz verschiedene Projekte. Wir spielen seit 2013 zusammen und können total konstruktiv arbeiten, voller Respekt. Aber man kann auch offen sagen, wenn mal etwas nicht gut funktioniert. Es ist einfach super schön, gemeinsam zu spielen und zu touren. Ich hoffe, dass wir noch sehr lange zusammenspielen.
Du bist als Musikerin gerade sehr erfolgreich: das neue Album, vor einigen Monaten wurdest du mit dem Hamburger Jazzpreis ausgezeichnet… Da kommt so eine Vollbremsung wie jetzt durch die Corona-Krise natürlich mehr als ungelegen. Wie kommst du damit zurecht?
Dass unsere komplette Release-Tour zum neuen Album jetzt ausfällt, hat mich schon sehr runtergezogen. Dieses Elphi-at-Home Konzert ist jetzt quasi unser erstes und einziges Release-Konzert. Umso schöner, dass wir es machen können. Aber es ist schon frustrierend: In so einem Album und einer Tour steckt jahrelange Arbeit. Gar nicht zu wissen, wie es weitergeht, auch finanziell, ist schon hart. Ich versuche, den Frust nicht die Überhand gewinnen zu lassen. Ich schreibe ganz viel und übe und versuche irgendetwas Positives herauszuziehen. Zum Glück stehen wir Musiker alle in engem Kontakt, telefonieren ganz viel, es gibt sehr viel Support untereinander. Da entsteht gerade auch viel Neues.
»Wenn die Welt wieder normal ist, werde ich als erstes …«
… meine Eltern besuchen.
Interview: François Kremer, Stand: 16.4.2020