Die ungewöhnliche Mischung aus Hochspannung und warmer Italianità, die von Riccardo Minasi am Dirigentenpult ausgeht, zieht Musiker:innen wie Publikum gleichermaßen in ihren Bann. Der in Rom geborene und aufgewachsene Musiker liebt und triggert die Explosivkräfte, die sich in wachen Orchestern freisetzen lassen. Gleichzeitig spürt jeder, dass die großen Bögen ihm nie aus dem Blickfeld geraten.
Im »Elbphilharmonie Talk« geht es um seinen außergewöhnlichen Werdegang, um seine Arbeit mit dem erfolgreichen Hamburger Ensemble Resonanz, um Gartenarbeit und sonstige Hobbys, um seine Kindheit in der italienischen Hauptstadt und nicht zuletzt um die Fußball-Legende Francesco Totti, dessen Namen man wohl kennen sollte. Aber wer hätte geahnt, dass man sich für ein Gespräch mit Minasi auch noch in der italienischen Fußball-Welt auskennen muss ...
Das Hamburger Ensemble Resonanz – seit der Eröffnung Residenzensemble im Kleinen Saal der Elbphilharmonie – arbeitet immer wieder besonders gern mit Riccardo Minasi. Nach vielen Jahren als »Artist in Residence«, ist der Dirigent dem basisdemokratisch organisierten Ensemble inzwischen als »Principal Guest Conductor« verbunden. Gemeinsam erarbeiten das Ensemble und sein Lieblingsgast am Pult neben spannenden Barock-Kompositionen auch Werke, die beiden Seiten neues Repertoire erschließt – nicht nur, aber auch sinfonische Literatur von Schubert, Brahms und neuerdings Beethoven.
Im »Elbphilharmonie Talk« gewährt Riccardo Minasi Einblicke in seine Arbeitsweise mit dem Ensemble. Ganz offen bekennt er sein anhaltendes Erstaunen über seinen Berufsweg und darüber, wie weit der ihn schon gebracht hat. Als gelernter und bestens etablierter Barockgeiger fand er sich anfangs eher zufällig und bald immer öfter auf dem Pult wieder, ohne irgendeinen Masterplan im Kopf. Mittlerweile häufen sich Einladungen von den besten Orchestern der Welt, die mit dem weitgehenden Autodidakten arbeiten wollen. Und Minasi hält, was man sich von ihm verspricht.
Während des Gesprächs mit unserem Kollegen Tom R. Schulz öffnet sich Minasi zusehends. Er schwelgt in Erinnerungen an seine Kindheit und Jugend in Rom, wie er mit seinen Kumpels morgens noch vor Schulbeginn Fußball spielend die Straßen und Plätze der Stadt unsicher machte. Wie er die paar Lire Essensgeld, die seine Eltern ihm mitgaben, lieber sparte und in den Ankauf von Klassik-Schallplatten investierte. Wie ein Freund ihm die Ohren öffnete für Musik, die er noch nie gehört hatte. Nach und nach entsteht ein Bilderbogen von einer von Musik durchsonnten Welt, auf die Riccardo Minasi ohne Nostalgie zurückschaut, aber doch mit einer Wärme, für die man wohl weit südlich der Alpen geboren worden sein muss.
- Elbphilharmonie Großer Saal
Ensemble Resonanz / Nils Mönkemeyer / William Youn / Riccardo Minasi
»mmmmmozart« – Werke von W.A. Mozart, Manfred Trojahn und Marianna von Martines / Internationales Musikfest Hamburg