Wie ist das, wenn man unversehens in den Bands jener zwei Koryphäen landet, deren Musik man als Teenager rauf und runter gehört hat? Brian Blade, dem begnadeten Schlagzeuger aus Louisiana, ging das so – mit Joni Mitchell und mit Wayne Shorter. In seinem ersten kleinen Studentenauto ließ Blade unentwegt Kassetten mit ihrer Musik laufen, die ihm Ohren, Hirn und Herz für ungeahnte musikalische Freiheiten eröffneten. Mit Mitte 20 war er plötzlich Mitgestalter ihrer Musik. Längst zählt er zu den wichtigsten und inspirierendsten Musiker:innen im Jazz und weit darüber hinaus. Dass es so kam, ist einerseits ein Wunder und andererseits keins.
Im »Elbphilharmonie Talk« kurz vor seinem Konzert im Kleinen Saal geht es um seinen ungewöhnlichen Werdegang, um die christliche Prägung durch sein Elternhaus, um das Gute im Menschen und natürlich um seine grandiose Fellowship Band, die seit Jahrzehnten Jazz-Geschichte schreibt.
Jazz Drums :Saison 2024/25
Ob Swing, Funk, Free Jazz, oder Hip Hop und R’n’B – sie alle leben von genialen Rhythmen und dem richtigen Groove. In der Reihe »Jazz Drums« kommen sechs der angesagtesten Jazz-Schlagzeuger:innen in die Elbphilharmonie.
Wer den Schlagzeuger Brian Blade bei der Arbeit beobachtet, die sich bei ihm nie nach Arbeit anfühlt, sondern nach purem Vergnügen, erlebt den Glücksfall eines vollständig verwirklichten Musikers. Seine ganze, unergründliche Person fließt durch die mit dem Schlagzeugspielen beschäftigten Extremitäten unmittelbar in die Musik hinein. Jeder musikalische Gedanke, alles Technische, die ungemein variable Dynamik seines Spiels, auch sein Gestaltungs- und Reaktionsvermögen innerhalb egal welcher Band, in der er gerade spielt, sind pure Gegenwart. Brian Blade hat hinter seinem Set eine Präsenz, die zugleich aufregt und beruhigt. Man weiß nie, was die nächste Sekunde in ihm für Ideen hervorbringen wird. Aber man weiß, sie wird musikalisch kohärent sein. Und sie wird das, was man hört, auf eine Weise bereichern und zum Funkeln bringen, wie nur er dies vermag.
Im »Elbphilharmonie Talk« spricht er über die christliche Prägung und deren Grenzen in seinem Elternhaus. Er erzählt, wie ihm als Halbwüchsiger unentwegt die Musik des Saxofonisten Wayne Shorter begegnete, mit dem er dann selbst ab der Jahrtausendwende bis zum Ende von Shorters aktiver Zeit in dessen Quartet musizierte. Joni Mitchell sitzt quasi mit am Tisch, wenn er über die Jahrzehnte ihrer gemeinsamen Zeit reflektiert. Und natürlich geht es viel um die Fellowship Band, das offenbar keinerlei kommerziellen Existenzzwängen unterworfene Sextett, das Brian Blade seit den 90er-Jahren in nahezu unveränderter Besetzung unterhält und das eine wunderbar entspannte, geistreiche und wohltuende Musik erfindet.
Blade berichtet auch von seiner engen Zusammenarbeit mit der Produzentenlegende Daniel Lanois, vom Songschreiben, Texten, Singen, Gitarrespielen, was ihm alles auch wichtig ist und im Terminkalender dieses extrem gefragten Schlagzeugers notgedrungen zu kurz kommt. Zu all dem, was ihn als Musiker einzigartig macht, kommt seine einnehmende Persönlichkeit. Brian Blade ist jemand, der nicht nur an das Gute in jedem Menschen glaubt. Er sieht es auch. Und frei von jedem Sendungsbewusstsein bringt er selbst etwas hervor, dass die Welt besser und schöner macht.