Pressemeldung: Schwerpunkt Pierre Boulez None

Presseinformation

Pierre Boulez wäre heute 100 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass widmet die Elbphilharmonie dem bedeutenden Komponisten einen Schwerpunkt mit einigen seiner wichtigsten Arbeiten. Boulez war nicht nur ein Grenzen sprengender Erneuerer der Musik, er gehörte auch zu den einflussreichsten Dirigenten, Musikschriftstellern und Kulturpolitikern des 20. Jahrhunderts. Kompromisslos erkundete Pierre Boulez nach dem Zweiten Weltkrieg die Möglichkeiten und Grenzen muskalischer Formen – ohne die farbenreiche Ästhetik seiner Vorläufer Olivier Messiaen und Claude Debussy dabei je aus den Ohren zu verlieren. Erstklassige Interpreten wie Sir Antonio Pappano und das London Symphony Orchestra, die Cellogruppe der Wiener Philharmoniker, das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter Sir Simon Rattle, ein Solistenensemble um die Mezzosopranistin Ema Nikolovska und die Klaviervirtuosin Tamara Stefanovich widmen sich in der Elbphilharmonie unterschiedlichen Aspekten seines Schaffens. Tickets sind auf www.elbphilharmonie.de erhältlich.

Kent Nagano und das Philharmonische Staatsorchester Hamburg führen ins Zentrum von Pierre Boulez’ Klangwelt: Mit »Répons« spielen sie eines der komplexesten und faszinierendsten Meisterwerke der modernen Musik mit groß besetztem Ensemble, sechs Solist:innen und in Echtzeit elektronisch verfremdeten Instrumentalklängen. Neben Nagano und seinen Philharmonikern ist auch das von Boulez in Paris gegründete IRCAM-Institut beteiligt, mit dem er viele seiner musikalischen Visionen verwirklichte (1./2.5.). Für Tamara Stefanovich ist kein Stil zu fern und kein Stück zu schwer. Das beweist sie einmal mehr im Kleinen Saal der Elbphilharmonie, wo sie die vermeintlich unspielbare Zweite Klaviersonate präsentiert, die Boulez’ Credo erlebbar macht, Musik sei »kollektive Hysterie«. Kombiniert wird das Werk mit der stürmischen Ersten Klaviersonate des 19-jährigen Dmitri Schostakowitsch. Im zweiten Teil des Abends tritt Stefanovich gemeinsam mit Christopher Dell (Vibraphon), Christian Lillinger (Schlagzeug) und Jonas Westergaard (Kontrabass) als Ensemble SDLW auf (8.5.). Mit der Kammerkantate »Le marteau sans maître« katapultierte sich Pierre Boulez 1955 an die Spitze der Musik-Pioniere. Drei surrealistische Gedichte des Franzosen René Char aus dessen gleichnamiger Sammlung machte er zum Ausgangspunkt für seine Komposition für Altstimme und sechs Instrumente. Junge Top-Talente wie Ema Nikolovska und Sean Shibe stellen dieser Musik Werke der nächsten Generation gegenüber: ein brandneues Stück von Pulitzer-Preisträger Tyshawn Sorey und »Bel Canto« von Cassandra Miller (31.5.).

Eine rituelle Handlung in Tönen zu Ehren eines verstorbenen Freundes schaffen – das war der Kompositionsanlass für Pierre Boulez’ »Rituel in memoriam Bruno Maderna«. Er teilte das traditionelle Orchester dafür in acht unterschiedlich große Gruppen auf, deren Zusammensetzungen von einer solistischen Oboe bis zum großen Blechblas-Ensemble reichen. Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter Leitung seines Chefdirigenten Sir Simon Rattle präsentiert das Werk zusammen mit Maurice Ravels Ballettmusik »Daphnis et Chloé« (1.6.). Thomas Adès und die Wiener Philharmoniker kombinieren »Messagesquisse« für Solo-Cello und sechs Celli mit Werken von Kurtág, Haydn, Janáček und Adès. Bei dessen Klavierkonzert ist Igor Levit als Solist in der Elbphilharmonie zu erleben. Das London Symphony Orchestra unter Sir Antonio Pappano spielt neben Musik von Hector Berlioz zwei von Boulez’ klangsinnlichsten Werken: In »Livre pour cordes« für Streichorchester und »Mémoriale« für Soloflöte und Ensemble spinnt Boulez zarte Klangfäden und lädt dazu ein, lustvoll um die Ecke zu hören (4.6.). Der SWR ist schon lange bekannt als Heimat der musikalischen Moderne. Weil ihm der Sender, seine Ensembles und Studios so gute Arbeitsbedingungen boten, zog Pierre Boulez in den 1960er Jahren nach Baden-Baden. Das SWR Symphonieorchester und das SWR Vokalensemble unter der Leitung von François-Xavier Roth stellen in der Elbphilharmonie »Cummings ist der Dichter« nach einem Gedicht von E. E. Cummings und das erste rein orchestrale Werk von Boulez, »Figures – Doubles – Prismes«, neben Anton Bruckners Sinfonie Nr. 9 (11.6.).

Pierre Boulez ist als Provokateur und erbitterter Gegner des Musik-Establishments berühmt geworden. »Sprengt die Opernhäuser in die Luft!« und »Schönberg ist tot!« sind nur zwei der polarisierenden Äußerungen, mit denen sich der 1925 im französischen Montbrison geborene Komponist tief ins musikgeschichtliche Gedächtnis einbrannte. Nach dem Zweiten Weltkrieg war Boulez die prägende Figur einer neuen Generation von Komponisten, die einen kompletten ästhetischen Neuanfang forderte. In seine Kompositionen strebte er anfangs mit großer Strenge nach Rationalität und formaler Logik. Boulez wurde so zum wichtigsten Vordenker einer »seriellen« Musik, bei der Tonhöhen und -dauern sowie die Lautstärke bis ins Detail konstruiert werden. Doch Pierre Boulez war viel mehr: zart-tastender Klangmagier, gefragter Dirigent, scharfsinniger Intellektueller, warmherziger Lehrer und Förderer, neugieriger Vorreiter elektronischer Musik und machtbewusster Netzwerker und Strippenzieher des französischen Kulturlebens.

Konzerte im Überblick

Do, 1. Mai 2025, 20.00 Uhr / Fr, 2. Mai 2025, 20.00 Uhr, Elbphilharmonie Großer Saal
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg / Kent Nagano

Boulez: Répons / Beethoven: Sinfonie Nr. 6 »Pastorale«

Do, 8. Mai 2025, 19.30 Uhr, Elbphilharmonie Kleiner Saal

Tamara Stefanovich / SDLW
Schostakowitsch: Klaviersonate Nr. 1 / Boulez: Klaviersonate Nr. 2 / Stefanovich-Dell-Lillinger-Westergaard: Neue Werke

Sa, 24. Mai 2025, 20.00 Uhr, Elbphilharmonie Großer Saal

Wiener Philharmoniker / Igor Levit / Thomas Adès
Haydn / Adès / Kurtág / Boulez / Janáček

Sa, 31. Mai 2025, 19.30 Uhr, Elbphilharmonie Kleiner Saal

Boulez Le marteau sans Maître
Zyklus für Altstimme und Instrumentalist:innen – mit Ema Nikolovska, Sean Shibe u.a.

So, 1. Juni 2025, 20.00 Uhr, Elbphilharmonie Großer Saal

Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks / Sir Simon Rattle
Boulez: Rituel / Ravel: Daphnis et Chloé

Mi, 4. Juni 2025, 20.00 Uhr, Elbphilharmonie Großer Saal

London Symphony Orchestra / Sir Antonio Pappano
Berlioz: Ouverture du Corsaire & Symphonie fantastique / Boulez: Livre pour cordes & Mémoriale

Mi, 11. Juni 2025, 20.00 Uhr, Elbphilharmonie Großer Saal

London Symphony Orchestra / Sir Antonio Pappano
Boulez: Cummings ist der Dichter & Figures – Doubles – Prismes / Bruckner: Sinfonie Nr. 9